Mit folgender Anekdote wird gelegentlich reüssiert und zwar in den unterschiedlichsten Umgebungen. Gehört habe ich sie bereits an der Theke vorgetragen durch den Wirt und im Hörsaal, vorgetragen durch den Professor.
Wer bei Erstausgabe 1.000 Euro in die Aktien der Deutschen Telekom investiert hatte, musste sich volle 18 Monate lang über beständig fallende Kurse ärgern und hatte schließlich noch 130 Euro übrig. Wer sich stattdessen für die 1.000 Euro in Krombacher Bier besorgte, der konnte …
und … jetzt kommt’s … er hat heute noch…
Stimmt das? Dass die Volksaktie ein historischer Flop war, das weiss jeder. Aber hat die Telekom ihren Aktionären wirklich so übel mitgespielt? Ja, es stimmt.
Bis vor einiger Zeit hatte die Telekom selbst noch heute eine Webseite mit Informationen rund um ihr Wertpapier im Netz, mit sämtlichen Kursdaten seit der Erstemission [1]. Dort ließ sich ebenso ihr Allzeithoch finden, wie der weitere Kursverlauf. Demnach notierte die Aktie am 3. März 2000 bei einem Kurs von 102,90 Euro. Nehmen wir der glatten Werte wegen an, unser Biertrinker hätte die Aktien direkt bei der Börsenstart erstanden, dann hätte er pro Aktie eine Summe von (umgerechnet) 100,00 Euro bezahlen müssen und für seine 1000 Euro zehn Aktien erhalten. Und tatsächlich, ein gutes halbes Jahr später, am 11. September 2001 stand die Aktie zwischenzeitlich bei 13,12 Euro. Angesichts des historischen Datums sind hier Fremdeffekte nicht von der Hand zu weisen. Außerdem hatte sich der Kurs zum Börsenschluss wieder auf 14,50 Euro stabilisiert. Um also nicht unfair zu sein, rechnen wir mit 15,02 Euro, dem Schlusskurs der Aktie vom 7. September 2001, einige Tage vor dem Anschlag auf das World Trade Center. Bei Verkauf an diesem Tag hätten unsere zehn Aktien also einen Wert von etwa 150 € gehabt, Gebühren unberücksichtigt.
Eine Kiste Krombacher Pils mit 20 mal 0,5 Litern Bier kostete damals etwa 9,20 Euro. Dazu kommt der Pfand in Höhe von 3,10 € pro Kiste. Das sind aufgerundet 12,50 € für die vereinfachte Rechnung. Für 1000 Euro Kapital erhalten wir 80 Kisten: 1600 Flaschen mit 800 Litern Bier. Bei gut 553 Tagen Verzicht auf die Volksaktie stünden damit knapp 1,5 Liter Bier pro Tag zur Verfügung – genug um den Pegel zu halten, Gewöhnungseffekte bleiben dabei unberücksichtigt. Auf der Plastikkiste lagen 1,50 Euro, auf jeder die Flasche 0,08 Euro Pfand. Das macht eine Summe von insgesamt 310 Euro, welche unserem aktienaversiven Genusstrinker am Ende der Aktion verbleiben. Also eine mehr als doppelt so viel im Vergleich zur T-Aktie.
Wer nun einwendet, die Rechnung sei unrealistisch, weil vom Kauf zum Allzeithoch und Verkauf bei niedrigem Kurs ausgegangen wird – der Aktionär hätte nicht Mitte September 2001 verkauft, schon gar nicht nach 9/11 – der irrt. Hätte er lieber verkauft, denn nach kurzer Erholung der Aktie bis zum Zwischenhoch im Januar 2002 (20,16 Euro) sank er auf einen mittleren Wert um 15 Euro, den er einige Jahre halten konnte, bevor er nun gar kontinuierlich um 10 Euro schwankt.
Den Regenwald gerettet hätte unser Trinker aber nicht. Einen Quadratmeter Wald pro Kiste versprach die Brauerei erst ab 2002.
[1] http://www.t-aktie.de